Freundschaftspreise und Wertschätzung — der feine Grat dazwischen
In letzter Zeit beschäftige ich mich immer mehr mit dem Thema „Freundschaftspreise und Wertschätzung“. Ich arbeite als Model, Fotografin, Bloggerin, Ernährungsberaterin und Nachhaltigkeitsmanagerin, habe einen Master of Science in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing und Personalmanagement und habe mein eigenes Start-up namens „Dein Kakao“. In den meisten dieser Berufe arbeite ich selbstständig und verdiene mit meinem Wissen Geld. Ich habe keine horrenden Fixkosten und arbeite unabhängig als Freiberuflerin. Und immer wieder gerate ich irgendwie in Schwierigkeiten, wenn es um den Wert meiner Arbeit im Umgang mit Freunden und vor allem Bekannten geht.
Vor ein paar Tagen wurde dieses Gefühl getriggert, als ich mit einem Freund über das kleine, nachhaltige Musikfestival sprach, das ich mit Freunden organisiere: moments. Er fragte mich, warum er nie ein Freiticket dafür bekommen habe. Und es sprudelte aus mir heraus, dass wahre Freunde, die einen unterstützen wollen, niemals nach einem Freiticket fragen würden, sondern eher mehr bezahlen würden, um einen *wirklich* zu unterstützen. Wir waren beide von meiner Antwort, die einfach so aus mir herausgesprudelt ist, etwas überrascht. Normalerweise finde ich immer eine diplomatischere Antwort, aber diese, doch unüberlegte Antwort, war wohl die ehrlichste, die ich hätte geben können.
Freiberuflichkeit — zwischen Freiheit und Selbstständigkeit
Ich liebe meine verschiedenen Jobs. Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich meine Leidenschaften und Berufungen zu meiner Arbeit gemacht habe. Alle Jobs beschäftigen sich mit den Themen ganzheitliche Gesundheit, Ernährung und Nachhaltigkeit und sind auf irgendeine Weise kreativ. Jeder, der selbstständig ist, weiß, dass man nur Geld verdienen kann, wenn man „arbeitet“. Keine Arbeit, kein Geld. Kein Urlaubsgeld. Urlaub bedeutet schlichtweg in der Regel „kein Geld verdienen“, außer man hat sich ein passives Einkommen aufgebaut. Außerdem kann man den nächsten Monat nicht wirklich planen, weil so viele spontane Buchungen auftreten können. Aber das ist Freiberuflichkeit und bedeutet viel Freiheit in der Wahl, wo, wie viel und mit wem man arbeiten möchte. Das kann sowohl Fluch als auch Segen sein.
Das Problem ist jedoch, dass ich ab und an das Gefühl habe und auch den Eindruck bekomme, dass die Wertschätzung für meine freiberufliche Arbeit fehlt, besonders bei Menschen, die ich kenne. Und das ist eine sehr interessante Beobachtung, auf die ich näher eingehen möchte.

Bekannte vs. Freunde
Ich habe bemerkt, dass besonders enge Freunde keinen Freundschaftspreis verlangen. Freunde verzichten auf Freundschaftspreise, weil sie Dich und Deine Arbeit wertschätzen wollen. Sie möchten Dich in dem unterstützen, was Du tust. Sie buchen Dich nicht, weil Du billiger wärst, sondern weil Du Deine Arbeit gut machst. Und genau das ist für mich der Unterschied zu Bekannten oder vielleicht auch egoistischen Freunden: Sie verlangen Freundschaftspreise oder bestehen unterschwellig darauf, einen Rabatt zu bekommen. So seltsam es auch klingen mag.
Für mich ist es immer amüsant, wenn ich eine Anfrage von einem Bekannten erhalte, der nach einem „Freundschaftspreis“ fragt. Das Interessanteste daran ist, dass sie normalerweise weder ein Freund noch ein Kumpel sind. Definitionsgemäß müsste man ja ein Freund sein, um einen „Freundschaftspreis“ zu bekommen. 🙂
Tatsächlich habe ich oft bemerkt, dass ich eine andere Definition von „Freundschaft“ habe als viele andere Menschen. Meine Freunde sind wie Geschwister für mich. Ich würde für sie mitten in der Nacht ins Auto steigen und ans andere Ende der Welt fahren. Wahre Freunde machen Dein Leben besser, weil es sie einfach gibt. Ohne dass sie etwas erfüllen „müssen“. Dagegen neigen Bekannte meistens dazu, Dich nur zu kontaktieren, wenn sie etwas von Dir brauchen – siehe mein Beispiel mit dem Wunsch nach einem Freiticket für das Festival. Umgekehrt würden sie niemals auf die Idee kommen, Dir im Gegenzug einen Freundschaftspreis für ihre Tätigkeit anzubieten – geschweige denn, dass ich einen Rabatt einfordern würde.
Es geht um Wertschätzung. Für Dich selbst, für Deine Zeit und Deine Arbeit.
Beispielsweise habe ich vor 4-5 Jahren Fotos von „Freunden“ und ihrer Arbeit gemacht, um ihr Start-up zu unterstützen. Weil ich sie und ihre Idee unterstützen wollte. Ich habe nichts als Gegenleistung verlangt. Umgerechnet hätte ich diesen Auftrag mit mindestens 600 € abrechnen können. Ich habe es nicht getan, weil es meine Freunde waren und ich sie unterstützen wollte. Beim nächsten Treffen mit ihnen musste ich jedoch meinen Hafermilch-Cappuccino selbst bezahlen. Ich wurde nicht einmal auf ein Getränk eingeladen. Das hat mich ziemlich schockiert, aber mir geholfen zu erkennen, dass diese „Freundschaft“ schon lange aus dem Gleichgewicht geraten war.
So etwas passiert immer wieder – sei es „Kannst Du das bitte in Deiner Instagram-Story teilen?“, „Kannst Du schnell ein Foto davon machen?“ oder „Könntest Du für uns kostenlos modeln?“ Sicher, ich könnte, aber will ich das auch wirklich? Vor allem, wenn es dafür überhaupt keine Wertschätzung gibt? Nicht einmal ein aufrichtiges „Danke“ für meine Zeit – was manchmal alles ist, was ich mir für meine Arbeit als Dank wünsche?
Lass uns einfach mit der beispielhaften Summe von 600 € oder einem Urlaubstag anfangen. Wer würde freiwillig 600 € oder einen Urlaubstag einem Freund schenken, der einen nicht einmal als Dank auf einen Kaffee einlädt? Aber genau das wird von Selbständigen ständig erwartet. Die Leute neigen dazu zu denken, dass man selbstständig ist und sich damit ständig für alles Zeit freischaufeln kann. Ja, das mag sein, aber ich bin auch ein großer Fan davon, über meine Zeit selbst zu bestimmen und selbst zu entscheiden, wofür ich sie nutze. Nur sehr wenige würden auf die Idee kommen, einen Angestellten um einen freien Tag, einen ganzen unbezahlten Arbeitstag, zu bitten, um das Gleiche zu tun. Denn genau so müsste man das eigentlich gegenrechnen.
Was ist der Wert meiner Arbeit?
Genau das sollte sich jeder Freiberufler fragen. Dann kannst Du Dich fragen, ob Du einen Rabatt geben möchtest. Nicht, weil Du darum gebeten wirst, sondern weil Du es möchtest. Und das ist überhaupt nicht „unfreundlich“, ganz im Gegenteil.
Es ist eine Art Wertschätzung für Deine Arbeit, Deine Zeit, Deine Fähigkeiten und Deinen Einsatz. Diese Wertschätzung kann auch ein herzliches und ehrliches „Danke“ sein. Es muss nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn bedeuten. Allein das Bewusstsein, dass jemand Dir gerade etwas Gutes getan und seine Zeit für Dich geopfert hat, reicht meist schon als Wertschätzung – auch ein aufrichtiges Danke.
Wahre Freunde wollen gemeinsam wachsen und sich gegenseitig unterstützen, und wenn dies nicht auf Gegenseitigkeit beruht, ist es vielleicht keine echte Freundschaft oder man hat eine unterschiedliche Vorstellung davon, was es bedeutet, sich gegenseitig zu helfen.
Freundschaftspreise sollten vom Geber festgelegt werden, nicht vom Empfänger.
Rosa Lazić
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Alles Liebe
Rosa

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