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Freundschaften – ein Liebesbrief

Freundschaften – das geheime Lebenselixier

Es gibt Texte, die schreibt man nicht, weil man es muss, sondern weil man gar nicht anders kann. Dieser hier über Freundschaften ist so einer. Vielleicht, weil mir in letzter Zeit bewusster denn je geworden ist, wie viel Freundschaft bedeuten kann – und wie viel sie trägt. Nicht laut, nicht fordernd, aber beständig und tief. Freundschaft ist eines der größten Geschenke, die wir im Leben bekommen und uns selbst machen können. Und manchmal auch eines der zerbrechlichsten. Umso kostbarer ist es, wenn sie bleibt.

Ich sitze seit Jahren an diesem Text. Habe begonnen, verworfen, neu formuliert, ergänzt, gestrichen. Und selbst jetzt, während ich ihn veröffentliche, weiß ich nicht, ob ich wirklich dafür bereit bin. Vielleicht bin ich es nie ganz. Aber manchmal braucht es genau diesen Schritt – ins Ungewisse, ins Unsichere. Weil es sich dennoch richtig anfühlt. Und jetzt, jetzt fühlt es sich richtig an.

Freundschaft als Form bedingungsloser Liebe

Freundschaft ist Liebe. Nicht die romantische (manchmal schon auch), aber die, die tief geht, die Dich sieht, auffängt, die bleibt. Es ist eine Form der Liebe, die frei macht, nicht besitzt. Freundschaft bedeutet: „Ich will alles für Dich geben“ – nicht „Ich will etwas von Dir haben“. Menschen, die bleiben, weil sie Dich „sehen“ und Dich gerade deswegen oder trotz dessen lieben. Freundschaft ist Liebe auf zwischenmenschlicher Ebene ohne leidenschaftlich-körperliche Anziehung.

Für mich ist die körperliche Anziehung die klare Abgrenzung einer Freundschaft zur leidenschaftlichen, partnerschaftlichen Beziehung. Ansonsten decken sie sich in den meisten Punkten. Mein Partner darf im besten Fall mein bester Freund sein, von dem ich die Finger nicht lassen kann (und muss). Damit ist für mich die leidenschaftliche Liebe zumindest indirekt an eine Bedingung geknüpft: die körperliche Anziehung. Diese Bedingung fehlt bei Freundschaften und kommt damit bedingungsloser Liebe sehr, sehr nahe.

Was Freundschaft für mich bedeutet? Alles. Sie ist mein sicherer Hafen, mein Zuhause ohne vier Wände. Mein Ort der Geborgenheit, ohne ein „Ort“ zu sein. Freundschaft ist Heimkommen. Menschen, bei denen ich zu 100 % ich sein kann. Meine ausgesuchte Familie. Die Menschen, mit denen ich über Stunden schweigen oder vor Lachen weinen und die Welt um mich vergessen kann. Sie sind mein Lebenselixier und Seelenbalsam. Gerade in den letzten Jahren durfte ich so viel lernen – über Menschen, über mich und darüber, was es heißt, wahrhaftige Freundschaft zu leben.

Entscheidungen treffen heißt, Richtung geben

„Wer sich ständig alle Türen offen hält, steht zwangsläufig auf dem Gang.“ – Ein Satz, den ich früher eher beiläufig gelesen habe, der mir aber in den letzten Jahren wie ein kleines Mantra durch den Kopf geistert. Denn was bedeutet es eigentlich, sich für etwas zu entscheiden? Für jemanden? Auch in Freundschaften? Commitment bedeutet nicht, sich einzuschränken, sondern bewusst zu wählen. Entscheidungen schaffen Klarheit – nicht, um zu werten, sondern um den eigenen Weg sichtbar zu machen. Wie ein Fluss, der erst durch sein Ufer zur Kraft findet und im sogenannten „Flow“ ist. Ohne Begrenzung würde er sich im Land verlieren, versickern oder zerstörerisch wirken. Genauso brauchen auch wir gesunde Grenzen und bewusste Entscheidungen, damit unser Weg nicht im Ungefähren verläuft, sondern in eine Richtung fließen kann, die uns nährt und trägt. Nur wer zielt, kann auch treffen.

Verantwortung, Vertrauen und Verletzlichkeit

Freundschaft braucht Commitment und Rückgrat. Das bedeutet nicht, dass man sich jeden Tag meldet oder immer einer Meinung ist. Es bedeutet, dass man Verantwortung übernimmt. Auch für das eigene Verhalten. Freundschaft bedeutet Kommunikation. Zuhören. Begreifen wollen. Ehrlich. Verletzlich. Ohne Angst, dass das Gesagte gegen einen verwendet wird. Freundschaft ist blindes Vertrauen. Und dieses Vertrauen wächst nicht über Nacht. Es entsteht in den Momenten, in denen man ehrlich sagt: „Das hat mich verletzt“ – und der andere nicht weggeht. Sondern zuhört, versteht, bleibt. Sich entschuldigt, wenn man dem Anderen unrecht getan hat.

Freundschaften sollten immer den Nährboden für maximale Wahrheiten haben. Um Dinge aus- und anzusprechen, die der andere vielleicht nicht hören will, aber hören muss. In Freundschaften dürfen Dinge ausgesprochen werden, die unbequem sind – nicht aus Ego, sondern aus Wertschätzung. Nicht alles muss sofort gesagt werden, manchmal braucht es den richtigen Moment. Aber wichtig ist, dass es gesagt werden darf. Und gehört wird.

Gerade die unbequemen Gespräche, in denen wir bewusst zuhören, uns verletzlich zeigen und vielleicht selbst nicht im besten Licht dastehen, bringen uns und die Freundschaft oft auf eine tiefere Ebene. Sie führen zu mehr „Selbst-Bewusstsein“. Es sind diese zutiefst ehrlichen Dialoge, die uns neue Perspektiven eröffnen und einen geschützten Raum zum Heilen schaffen. Raum, um sich selbst und seine Beweggründe besser zu verstehen – vielleicht sogar alte, vergessene Wunden zu erkennen. Nicht, um Schuldige zu finden, sondern um künftig bewusster zu handeln, achtsamer zu sprechen und einander nicht zu verletzen, sondern zu verstehen. Damit wir in entscheidenden Momenten nicht gegeneinander, sondern füreinander einstehen können.

Freund:innen kennen Deine Trigger und würden sich nie wissentlich in die Position bringen, Dich absichtlich zu verletzen oder Dir in den Rücken zu fallen. Wahre Freund:innen würden eine Freundschaft nie aufs Spiel setzen, zu keinem Preis.

Raum geben und nehmen

Alles kann, nichts muss. Freund:innen geben Dir das Gefühl, dass Du immer zu ihnen kommen kannst, wenn Du etwas auf dem Herzen hast. Sie respektieren es aber gleichermaßen, wenn Du etwas mit Dir selbst ausmachen musst. Ohne es auf sich zu beziehen oder die Freundschaft infrage zu stellen. Oftmals reicht allein schon die Erkenntnis, dass man immer eine Schulter zum Anlehnen und ein Ohr zum Zuhören hat. Oder auch die Gewissheit, dass der andere zu jeder Tages- und Nachtzeit da wäre – alles, ohne mit der Wimper zu zucken, stehen und liegen lassen würde, einfach nur um da zu sein. Ohne Fragen, ohne Erklärungen.

Freundschaften sind auch ein Spiegel und ermöglichen andere Blickwinkel und Perspektiven. Wie bewusst bist Du Dir Deiner selbst? Nicht nur, wenn Du verletzt wirst, sondern auch, wenn Du selbst verletzt. Nicht nur, wenn Du Dich missverstanden fühlst, sondern auch, wenn Du nicht zugehört hast. Beruht die Freundschaft auf Gegenseitigkeit oder forderst Du mehr ein als Du gibst? Bist Du selbst der:die Freund:in, der:die Du Dir selbst wünschst? Mit welchem:r Deiner Freund:innen würdest Du Dich noch heute befreunden? Und an welcher Freundschaft hältst Du nur noch aus Gewohnheit fest?

Ein Liebesbrief an meine Freundschaften - Rosa Lazic
Diese ist eine dieser Freundschaften – seit mehr als 20 Jahren ♥️

Freundschaften brauchen Freiheit

Es ist nicht entscheidend, wer alles in Dein Leben tritt. Sondern wer bleibt, wenn es mal nicht leicht ist. Wer zuhört, auch wenn er:sie selbst gerade viel um die Ohren hat. Wer sich mit Dir freut, auch wenn es für ihn:sie selbst gerade nicht rosig aussieht. Wer Deine Grenzen achtet und Verständnis dafür aufbringt, wenn Du gerade mehr mit Dir selbst beschäftigt bist. Freundschaften leben nicht vom Dauer-Input, sondern vom gegenseitigen Verständnis und Vertrauen. Und gerade wahre Freund:innen werden sich für Dich freuen, wenn Du (endlich) gelernt hast, gesunde Grenzen zu ziehen und für Dich einzustehen. Meckern werden nur die, die von Deinen fehlenden Grenzen stets profitiert haben.

Es gab Zeiten, in denen ich gemerkt habe, dass Freundschaften sich auch belastend anfühlen können – wenn Erwartungen unausgesprochen bleiben, wenn der Raum für Entwicklung fehlt. Wenn sie zu einseitig werden. Denn Freundschaften sind auch „nur eine Art von Beziehung“. Wie jede Beziehung sollte sie langfristig auf Augenhöhe gelebt werden und das Geben und Nehmen sich die Waage halten – natürlich gibt es auch hier immer Ausnahmephasen. Sonst wird aus einer Verbindung eine erzwungene Anspannung. Freundschaft lebt von ehrlicher Freiwilligkeit, nicht von stupidem Pflichtgefühl. Sie darf atmen und wachsen – auch in Phasen, in denen man sich weniger sieht oder hört. Oder gerade dann.

Wenn sich Wege trennen

Ich habe Freundschaften und einst enge Verbündete aus den Augen verloren. Menschen, bei denen ich dachte, sie bleiben für immer. Und auch wenn es wehgetan hat, habe ich gelernt: Manchmal trennen sich Wege, nicht weil jemand „schuld“ ist, sondern weil sich das Leben verändert. Weil man sich verändert. Weil man irgendwann nicht mehr in die gleiche Richtung schaut und sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt hat. Das bedeutet nicht, dass die Verbindung nie echt war – im Gegenteil. Es zeigt nur, dass Freundschaft nicht immer für die Ewigkeit gemacht ist. Und auch das ist okay. Denn die gemeinsame Zeit war trotzdem wertvoll. Und genau so darf man sie im Herzen tragen. Es gibt Menschen, die begleiten Dich ein Leben lang, andere nur ein paar Kapitel in Deinem Buch des Lebens.

I have friends that treat me so well, they don’t even know they’ve established a standard for how I let everyone else treat me, and I think that’s beautiful.

Wer gute Freund:innen haben möchte, muss selbst eine:r sein

Bei all den vermeintlichen Forderungen an Freund:innen darfst Du Dich hier auch fragen, was Du selbst für Deine Freund:innen tust? Wann hast Du das letzte mal ein:e Freund:in angerufen und Dich wirklich nur nach ihrem:seinem Wohlergehen erkundigt? Wann wolltest Du das letzte Mal einfach nur hören, wie es ihr:ihm geht, was sie:ihn gerade beschäftigt? Ganz ohne den Vorwand, damit etwas selbst vom Herzen loswerden zu wollen? Wann hast Du das letzte Mal einem Deiner Freund:innen von Herzen etwas Gutes getan, ohne Dir insgeheim doch daraus etwas zu erhoffen? Auch hier habe ich bereits ein paar Worte zu „Freundschaftspreisen“ geschrieben.

Ich möchte für meine Freund:innen jemand sein, der einfach für sie da ist, wenn sie mich brauchen. Hinsieht, ausspricht. Die herzliche Umarmung, wenn die Welt grad wieder zu laut ist oder man sich einsam fühlt. Diejenige, die ehrlich ist – mit Gefühl. Die mitdenkt, mitfühlt, mitfiebert und mitwächst. Die zuhört, wenn es leise wird, und da ist, wenn es schwer wird. Ich glaube daran, dass man sich mit der Zeit nicht nur besser kennenlernt, sondern auch gegenseitig wachsen lässt – durch Echtheit, nicht durch Perfektion. Man spendet sich gegenseitig Kraft, ohne dass es zulasten von einem geht. Und schwingt auf derselben Welle.

Vielleicht haben wir in unserer heutigen Zeit verlernt, zu zeigen, wie wichtig uns jemand ist. Fernab von unserer „coolen“ Wegwerfgesellschaft, in der alles und jeder schnell ersetzbar scheint. Vielleicht hat uns das Tempo des Alltags vergessen lassen, wie wertvoll es ist, für jemanden einzustehen, für etwas zu kämpfen. An etwas zu glauben. Nicht mit Drama, sondern mit echtem Interesse. Verbindung entsteht nicht von allein, sondern durch bewusstes Dasein. Durch bewusstes Reparieren, wenn etwas kaputt ist. Und manchmal braucht es dafür einfach nur ein ehrliches „Ich bin da“, das nicht gehaltlos in den Raum gesprochen wird. Sondern bei dem der Gegenüber weiß, dass man sich darauf verlassen kann. In Momenten, in denen ein einziger Blick reicht, um zu fühlen, dass Worte nur eine Art der Kommunikation sind. Genau dann, wenn ein Blick mehr als tausend Worte sagt.

Ein letzter Dank an meine Freundschaften

Ich habe das Glück, solche Menschen in meinem Leben gefunden und erkannt zu haben. Wundervolle Seelen, die mich „sehen“, aufrichten, mich feiern, mit mir wachsen. Freund:innen, die sich in unzähligen Momenten bewiesen haben, ohne es zu müssen, sondern weil sie es wollen – aus dem tiefsten Herzen. Weil ich ihnen genauso wichtig bin, wie sie mir. Indiskutabel. Freund:innen, die in guten wie in schlechten Zeiten immer da waren und es Jahre später immer noch sind. Mich gestützt haben, wenn ich keine Stütze mehr hatte. Herzmenschen mit Rückgrat, die mich an meine Träume erinnern, wenn ich sie selbst vergessen habe.

Die mir alles von Herzen gönnen. Alles für und selten was von mir wollen. Freund:innen, die mir Steine von den Schultern und vom Herzen nehmen, die sie gar nicht verursacht haben. Mit mir heilen, mit mir strahlen, mit mir schweigen, mit mir lachen. Mit mir jede noch so kleine Errungenschaft feiern und sie mir von Herzen gönnen, als wäre es ihre eigene. Zutiefst und radikal ehrlich, bedingungslos, voller freundschaftlicher Liebe. Und ich hoffe, ich bin genau so jemand für sie.

Danke, dass es Euch gibt. Das hier ist mein Liebesbrief an Euch. Ihr seid mein wertvollster Schatz. Und auch Du im Himmel, Donnerbuddy. Du fehlst mir, auch wenn ich Dich im Herzen für immer mit mir tragen werde.

„Art is how we decorate space,
music is how we decorate time.“
– Jean-Michel Basquiat
„And friendship is how we decorate our soul.“
– Rosa

Ohne Euch wäre alles nichts.

Songs fürs Herz dazu: „Was immer es ist“ von Glashaus, „Kelly (end of a nightmare)“ und „Carlos (make it thru)“ von Fred again…
In Liebe,
Rosa 🧸♥️

Was ist ein Donnerbuddy?

Ein Mensch, mit dem Du Dich
unter die Decke kuscheln willst,
wenn’s draußen donnert –
und drinnen im Herzen auch.

Ein Donnerbuddy bleibt.
Beim Regen.
Beim Schweigen.
Bei Dir.

Er oder sie lacht mit Dir über Blödsinn.
Hört Dir zu, wenn’s wehtut.
Und kämpft gegen die Monster unterm Bett –
selbst wenn die im Kopf sitzen.

Donnerbuddies sind keine Alltagsfreunde.
Sie sind Herzmenschen.
Fürs Leben.
Fürn Tiefgang.
Fürs "Ich flieg zu Dir,
wenn Du mich brauchst."

P.S.: Wenn Dir dieser Blogbeitrag gefällt, findest Du bestimmt noch mehr in meiner Kategorie „Mindset“. Beispielsweise „Generation Hauptsache kein Commitment“, „Wann sind aus Liebesbriefen eigentlich Situationships und Ghosting geworden?“ oder auch „Starke Frauen und bedingungslose Liebe“. Viel Spaß beim Schmökern!

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