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Wann sind aus Liebesbriefen eigentlich Situationships und Ghosting geworden?

Liebesbriefe vs. Situationships

Ich versorge Euch ja wirklich liebend gerne mit leckeren Rezepten, aber heute möchte ich Euch mal wieder etwas Futter für die Seele bieten. Manchmal ist so ein Blogbeitrag wie ein Tagebucheintrag – ein Ort, an dem ich meine Gedanken fließen lassen kann. Und vielleicht fühlst Du Dich beim Lesen ja genauso abgeholt wie ich beim Schreiben. Hier ein paar Gedanken, die mich zu dem heute sehr geläufigen Begriff „Situationships“ – aus der Perspektive eines Singles, beschäftigen.

Wann sind aus Liebesbriefen eigentlich Situationships und Ghosting geworden?

„Ich will Dich sehen! Ich will Zeit mit Dir verbringen, egal wobei. Hauptsache mit Dir!“ Wann hat Dir jemand das letzte Mal genau dieses Gefühl gegeben? Ich meine nicht dieses unverbindliche „Hey, hast Du Lust, vielleicht irgendwann was zu machen?“, sondern dieses ehrliche, klare, unmissverständliche Bedürfnis, mit Dir Zeit zu verbringen. Dich zu sehen und nicht irgendwen Beliebigen, um Zeit totzuschlagen?

Es fühlt sich an, als sei genau dieses tiefe Verlangen nach Nähe heute selten geworden. Stattdessen gibt es Situationships: lose, undefinierbare Beziehungen, in denen alles offenbleibt und nichts Konkretes entsteht. Man teilt zwar Zeit und Körperflüssigkeiten, aber keine Richtung oder ernsthafte Bindung. Und wenn es schwierig wird oder einer mehr möchte als der andere, verpufft diese vermeintliche Verbindung oft genauso schnell, wie sie begonnen hat. Ja nicht ansprechen, was das zwischen einem sein könnte – in der Angst, dieses gebrechliche Pflänzchen zu zerbrechen. Nur weil man wissen möchte, woran man ist? Ernsthaft?

Das ist wohl auch der Moment, in dem Ghosting beginnt – dieses plötzliche Schweigen, das mehr Fragen hinterlässt, als Antworten gibt. Darauf bin ich in meinem Blogbeitrag „Generation ‚Hauptsache kein Commitment'“ schon zu sprechen gekommen.

"Situationships: Lose, undefinierbare Beziehungen, in denen alles offenbleibt und nichts Konkretes entsteht. Man teilt zwar Zeit und Körperflüssigkeiten, aber keine Richtung oder ernsthafte Bindung." - Rosa Lazić 

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Fehlende Kommunikation ist der Anfang vom Ende

Früher schrieb man Liebesbriefe, wartete tagelang auf eine Antwort und fühlte sich, als hätte man die Welt für einen Moment angehalten. Heute tippt man ein paar Nachrichten, hofft auf blaue Häkchen und denkt sich, wie interessant die eigene Nachricht wohl sein muss, wenn der andere so lange zum Lesen oder gar Antworten braucht. Wenn überhaupt eine Antwort kommt. Wann ist es eigentlich „in“ geworden, Sachen nicht mehr auszusprechen und vom Erdboden zu verschwinden. Anstelle ehrlich zu kommunizieren, dass man sich doch etwas anderes vorgestellt hat, die Lebenssituation es gerade nicht zulässt, die Gefühle nicht stark genug sind, oder, oder, oder?

Vielleicht bin ich einfach zu romantisch für diese Zeit, in der Ghosting und Situationships zur Norm geworden sind. Oder ich gehe zu sehr von mir aus? Während andere scheinbar problemlos von einem Partner zum nächsten wechseln, liege ich nachts wach, höre traurige Liebeslieder und frage mich, ob oder was genau ich falsch gemacht haben könnte. Schließlich muss ich mich das ja fragen, weil es nicht angesprochen wurde und entferne mich innerlich langsam, aber sicher. Denn die Gewissheit wächst, dass ich keine Menschen um mich herum haben möchte, die sich einfach von einem Tag auf den anderen nicht mehr melden und mich mit meinen Gedanken alleine lassen. Weil die Gewissheit wächst, dass ich nicht so behandelt werden möchte. Und dass ich mir selbst mehr wert bin als wortlos abgeschrieben oder „vergessen“ worden zu sein.

Ich denke, dass wir uns einig sein können, dass sich nicht mehr zu melden, die wohl denkbar falscheste Option ist. Denn die meisten Menschen würden mit der noch so harten Wahrheit besser umgehen können als damit, mit den eigenen, unbeantworteten Gedanken im Stich gelassen worden zu sein. Es ist okay, jemandem eine Chance zu geben und zu merken, dass es einen nicht erfüllt. Aber es ist nicht okay, das nicht zu kommunizieren oder auf der anderen Seite sich selbst dabei zu verlieren, nur um nicht alleine zu sein. Und manchmal verlieren wir Menschen, weil wir Grenzen setzen und für unsere Werte einstehen. Fraglich ist nur, ob es immer ein Verlust ist oder im Gegenteil:

Unsere Grenzen helfen uns, Platz für die richtigen Menschen zu schaffen – die, die bleiben wollen, ohne dass wir sie halten müssen.

Rosa Lazić

Grenzen setzen und auf sich selbst achten

Vielleicht bin ich aber auch einfach die falsche Zielgruppe für Situationships! Denn ich bin einfach lieber alleine als in einem faulen Kompromiss. Und unser Bauchgefühl weiß das meist schon viel früher als wir denken. Es fühlt sich einfach „nicht richtig“ an und irgendwie baut sich auch kein wirkliches Vertrauen auf. Das ist auch kein Wunder, denn Vertrauen benötigt etwas, auf dem es sich aufbauen kann. Etwas, an dem es sich festhalten kann – fehlt ja alles in einem offenen Konstrukt wie beim Situationship. Das alles sind Signale unseres Körpers, dass wir uns nicht hundertprozentig fallen lassen können – weil auch nichts da ist, um uns aufzufangen.

Und eins ist wirklich wunderschön bei all dem auf und ab der Gefühle: Ich weiß, dass ich noch dazu in der Lage bin, sie zu fühlen. Nicht abgestumpft von irgendwelchen Taktiken, die es vielleicht besser wäre zu fahren, um sich interessanter zu machen. Nicht meine Welt. Ich bin eher der Typ „all in“. Wenn ich mich auf jemanden einlasse und es mir jemand angetan hat – was eh schon einem 6er im Lotto gleicht, dann mit jeder Faser meines Körpers. Entweder ganz oder gar nicht.

Ehrlichkeit mit sich selbst und anderen

Ich lege eher wert auf eine ehrliche Kommunikation, auch wenn sie mir selbst manchmal schwer von den Lippen geht, denn ich bin fest davon überzeugt, dass man mit Ehrlichkeit immer am weitesten kommen wird. Egal, ob es gute oder schlechte Nachrichten sind. Die Kunst ist, die richtige Situation und Worte finden, diese auch möglichst ohne Vorwürfe zu formulieren, sondern einfach klar zu zeigen, was gewisse Dinge und Taten in uns auslösen. Oder eben, ob man sich mit jemandem wirklich eine ernsthafte Beziehung vorstellen kann oder nur körperliche Bedürfnisse befriedigen möchte – und es für mehr nicht reicht.

Und dafür liebe ich meine Freunde von Herzen. Sie sind – genau wie ich zu ihnen – manchmal knallhart ehrlich und wir sagen uns genau das, was wir manchmal nicht hören wollen, aber hören müssen. „Wenn es ihm wirklich wichtig wäre, hätte er sich gemeldet. So sehr ich es mir für Dich auch gewünscht hätte!“ – „Niemand, der Dich wirklich kennt, würde Dich jemals in seinem Leben freiwillig missen wollen.“ – Haben wir uns einfach nur in jemandem getäuscht? Oder mehr Potenzial in dem zerbrechlichen Pflänzchen gesehen als die andere Person? Aber was bringt uns dieses Potenzial, wenn es nicht gelebt werden möchte? Zumindest nicht von beiden gleichermaßen?

Wann sind aus Liebesbriefen eigentlich Situationships und Ghosting geworden? Ein Tagebucheintrag einer Singlefrau in ihren 30ern.

Lieber Situationships statt alleine?

Mir geht es auch einfach „zu gut“ alleine, als dass ich mich auf Situationships einlasse. Denn ganz ehrlich: Warum sollte ich mich auf ein Situationship einlassen, wenn das für mich die Wahrwerdung dessen ist, dass sich jemand nicht sicher ist, ob er mich an seiner Seite haben möchte? Und kein klares „Ja!“ auf der anderen Seite zum Situationship ist für mich ein glasklares „Nein!“ und eine große, wehende red flag, die ich nicht bewusst ignoriere.

Ich hingegen versuche mich bewusst mit möglichen red flags auseinanderzusetzen und schaue, worin diese begründet sein könnten und ob ich mit ihnen leben möchte. Ich weiß, dass auch ich Charakterzüge in eine Beziehung mitbringe, mit denen sich mein Gegenüber beschäftigen darf. Aber das ist ja auch gut so, denn Charakterzüge machen uns ja auch genau zu dem konkreten Menschen, der wir sind. Fernab von jeglicher Beliebigkeit. Und dann sollte das alles ja auch noch auf Gegenseitigkeit beruhen! Ist ja keine Einbahnstraße.

Hoffnungsvoll statt hoffnungslos

Ich liebe mein Leben, jeden einzelnen Tag davon. Egal, ob ich mich gerade in einem Hoch oder Tief befinde. Und ich weiß, dass es irgendwann wieder jemanden geben wird, der diesen wundervollen Ritt mit mir gemeinsam erleben möchte. Freiwillig, bewusst und aus tiefstem Herzen. Bis dahin genieße ich jede Minute, in der ich den Fokus gerade maximal auf mich legen kann. Denn ganz ehrlich: Ich habe jetzt die schönste Zeit meines Lebens, ich bin maximal frei und unabhängig auf allen Ebenen. Das ist purer Luxus.

Nein, ich bin nicht erst glücklich, „wenn …“ Ich bin nicht erst glücklich, wenn ich irgendwann in der Zukunft jemanden treffen sollte, der meine Werte und innere Sehnsucht nach einer Beziehung auf Augenhöhe erfüllt. Niemand ist in der Bringschuld, mich glücklich zu machen – dafür bin allein ich zuständig. Aber ich weiß auch, dass mit den richtigen Menschen an unserer Seite einfach alles viel schöner ist und wir glücklicher sind. Aber eben nur mit den Richtigen. Und genau deshalb bezeichne ich mich als hoffnungsvolle statt hoffnungslose Romantikerin: Denn ich habe schon jetzt so unfassbar tolle Seelen um mich herum, die mich auf freundschaftlicher Ebene begleiten und für die ich jeden Tag unsagbar dankbar bin.

Situationships vs. bewusste Liebe

Ja, ich glaube weiterhin an die partnerschaftliche Liebe – an ehrliche Worte, sich verletzbar zu machen, tiefe Verbindungen einzugehen und an einen respektvollen Umgang. Denn ich sehe, dass ich genau diese Liebe in meinen Freundschaften erfahre. Und ich hoffe, dass wir alle ein wenig mehr davon in die Welt bringen können. Denn vielleicht brauchen wir keine neuen Dating-Trends, sondern einfach nur den Mut, uns wieder gegenseitig zu sehen. So, wie wir wirklich sind. Als Menschen, mit Gefühlen, die so wunderschön sein können, dass wir sie kaum mehr in Worte fassen können, wenn sie unseren Körper durchströmen und uns für einen Moment die Welt vergessen lassen…

Für mich gibt es kaum ein schöneres Gefühl als Liebe, unabhängig ob zu anderen Menschen, Tieren oder zu sich selbst. Fernab von der Beliebigkeit, Schnelllebigkeit und vermeintlichen Austauschbarkeit der heutigen Zeit. Und vielleicht ist auch genau all das im Kosmos der Situationships der perfekte Nährboden für die bewusste Liebe und Wahrwerdung von Liebesbriefen:

Wir sind eine der ersten Generationen, die sich bewusst für jemanden der Liebe wegen entscheiden kann. Wir brauchen keinen Partner, um überlebensfähig zu sein. 
Frauen wollen Männer an ihrer Seite, weil sie sie mit jeder Faser ihres Körpers lieben. 
Nicht, weil sie sie brauchen.

Rosa Lazić – aus dem Blogbeitrag „Starke Frauen und bedingungslose Liebe“

Lebe, liebe, lache – in vollen Zügen und aus tiefstem Herzen,
Rosa ❤️

"Wer stets versucht, sich alle Türen offen zu halten, wird sein Leben zwangsläufig auf dem Flur verbringen."

#situationships #dating #beziehungen

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