Was ist Glück überhaupt?
Ich bin in meiner aktuellen Seminararbeit zum Thema „Status-Güter“ immer wieder auf diese Frage gestoßen: Was macht uns wirklich glücklich? Die in meiner Arbeit behandelten Status-Güter sind Produkte, die wir uns vor allem deswegen kaufen, weil sie uns Ansehen und einen bestimmten Status verleihen. So gilt die neue Chanel-Handtasche, der neue BMW oder die Yacht als Status-Symbol, das von den Käufern oftmals mit Glück in Verbindung gebracht wird. Doch wie kann man Glück und Zufriedenheit überhaupt messen? Und machen uns Status-Symbole überhaupt glücklich?
Sind unsere Gene schuld?
Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass auch hier vieles in unseren Genen vorprogrammiert ist. So zeigen Forscher in einer aktuellen Studie, dass die Verarbeitung des Botenstoffs Serotonin, das als eines unserer Glückshormone dient, einen großen Teil des Glücksempfindens ausmacht. Dies können wir mit unserer Lebensweise kaum beeinflussen. Hier liegt also ein kleiner Baustein unseres Glücksempfindens begraben. Doch ist eine Störung hier eher unwahrscheinlich und führt in den meisten Fällen zu Depressionen. Wie Depressionen entstehen, erkläre ich Dir hier. Situationsabhängige Faktoren wie unsere Lebensweise haben einen sehr wichtigen und starken Einfluss auf unser Wohlbefinden.
Unsere Lebenssituation hat den größten Einfluss auf unser Glücksempfinden
Einen großen Teil nimmt dabei unser Arbeitsleben ein. Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit auf der Arbeit und daher besteht hier eine große Einflussmöglichkeit auf unser Glück. Negativ wirken sich vor allem Stress, Druck, Mobbing und Diskriminierung aus. Positive Effekte zeigen oftmals flexible Arbeitszeiten, ein gutes Arbeitsklima und die Möglichkeit, selbstständige Entscheidungen fällen zu dürfen: also Autonomie und Freiheit. Es verwundert also nicht, dass Sorgen um den Arbeitsplatz und Arbeitslosigkeit uns ins Unglück stürzen können.
Beziehungen sind der ausgleichende Faktor für so vieles. Unser soziales Umfeld besteht aus Freunden, Bekannten und unserer Familie und es hat den größten Einfluss auf unsere Lebenszufriedenheit. Auch zeigt sich hierbei, dass es uns glücklich machen kann, anderen zu helfen. Das Gefühl zu einer Gruppe von Menschen hinzuzugehören, kann uns glücklich machen. Dies ist auch eine mögliche Erklärung dafür, dass Status-Gütern von Käufern Glück zugesprochen wird: Mit dem Kauf eines Status-Symbols zählst Du Dich persönlich (bewusst oder unbewusst) zu einer bestimmten Gruppe hinzu und grenzt Dich gleichzeitig von einer anderen ab.
Auch Deine eigenen Stärken und Schwächen zu kennen und dazu zu stehen, macht einen großen Teil Deiner Zufriedenheit aus. Weiterhin macht es uns glücklicher, wenn wir uns nicht ständig mit anderen Menschen vergleichen. Dabei können Glücksgefühle auch ansteckend sein – umgeben wir uns mit glücklichen Menschen, kann dies auf uns abfärben. Das zeigen zahlreiche Studien.
Was macht uns nun glücklich?
Laut einer FORSA-Studie im Auftrag von RaboDirect 2016 gaben die 1000 befragten Deutschen an, dass es 77 % glücklich macht, wenn die zu eng gewordene Kleidung wieder passt. 93 % der Befragten verbinden Zeit mit ihren Liebsten mit Glück. 9 von 10 freuen sich über ein volles Sparkonto und 85 % macht Kinderlachen glücklich. 2/3 macht Sport glücklich – hier kann ich mich auch dazuzählen. Ich liebe das Gefühl von Muskelkater und mich richtig auspowern zu können – ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals schlecht gelaunt vom Sport nach Hause gekommen bin. Dass Sport auch wirksam gegen Depressionen ist, habe ich Euch hier schon erklärt.
Glück und Zufriedenheit lassen sich nicht so einfach messen oder zählen wie Geld, die Temperatur oder Meter. Doch es lassen sich Indikatoren festlegen, die auf Glück hinweisen. Jeder von uns hat seine ganz eigenen Glücksmomente und Dinge, die ihn glücklich machen. Das kann ein heißes Schaumbad im Kerzenmeer sein, das erste Tragen von Sommerschuhen nach einem langen Winter, Schmetterlinge im Bauch, der erste Kuss oder ein Spaziergang am Traumstrand im Urlaub.
Was sind die wichtigsten Studienergebnisse?
Die derzeit wichtigste Studie zum Thema „Glück“ ist die Langzeitstudie der Harvard Medical School in Boston Massachusetts, die mittlerweile seit 1938 (79 Jahre!) läuft und 724 Amerikaner umfasst. Hier kannst Du Dir eine Präsentation des aktuellen Studienleiters und Psychiaters Robert Waldinger ansehen. Das Forschungsziel ist die Suche danach, was für die Teilnehmer Glück bedeutet. Die Studie besteht aus zwei Gruppen, die alle zwei Jahre befragt und deren Lebensgeschichten, Gesundheitszustand und die berufliche Entwicklung analysiert werden: die Glueck-Study und die Grant-Study.
Die Glueck-Study umfasste anfangs 456 Männer, die in den ärmeren Vierteln von Boston aufgewachsen waren. Die Grant-Study umfasste dagegen 268 Harvard-Absolventen, also Männer der Mittel- und Oberschicht. Viele Teilnehmer sind in der Zwischenzeit verstorben, jedoch leben noch rund 60 Probanden. Eine weitere Studie mit den über 2000 Kindern der Probanden läuft gerade an.
Was macht uns langfristig glücklich?
Die wichtigsten Erkenntnisse sind: Sehr positive Effekte auf unser geistiges Wohlbefinden und unsere Gesundheit haben Liebe und Freundschaft. Auch hier zeigt sich: Einen extrem großen Teil unseres Glücks machen zwischenmenschliche Beziehungen aus. Gute Beziehungen machen uns gesünder und glücklicher. Hier gilt vor allem: Qualität ist wichtiger als Quantität. Dabei ist es auch wichtig, dass auch Streit und Konflikte eine gute Beziehung ausmachen sowie das Gefühl sich auf den anderen wirklich verlassen zu können, wenn es darauf ankommt. Die größten Quellen für Unglück sind demnach Einsamkeit und fehlende Beziehungen. Dies kann sich nicht nur am empfundenen Unglück messen lassen, sondern auch an der Gesundheit: Der Gesundheitsstatus von unglücklichen Menschen ist im Alter messbar schlechter, ihre Gehirnfunktionen nehmen eher ab und sie sterben früher.
Was zeigt uns diese Studie? Sie zeigt uns das, was viele von uns eigentlich schon wissen: Das, was uns wirklich und nachhaltig glücklich macht, kann man nicht mit Geld kaufen. Ein Traumurlaub ist nicht der Gleiche, wenn man ihn alleine verbringen muss. Dies zeigt auch der „World Happiness Report“ (WHR): Reichtum ist kein Garant für ein zufriedenes, glückliches Leben.
Einsamkeit tötet. Sie ist genauso verheerend wie Rauchen oder Alkohol.
Robert Waldinger
Meine persönlichen Glücksbringer
Die schönsten Erinnerungen in meinem Leben habe ich nicht alleine gemacht, sondern mit Freunden oder meiner Familie. Vielleicht ist es die Weihnachtszeit, die mich etwas nachdenklich macht, vielleicht hat mich meine Seminararbeit auf den Trichter gebracht. Doch das, was unter dem Strich für mich übrig bleibt: Freundschaften und gute Beziehungen sind der Grund, warum wir glücklich wirklich sind. Und eine Freundschaft sollte man nie für selbstverständlich halten. Allerdings sollten wir niemals von anderen Menschen erwarten, dass sie uns glücklich machen. Das müssen wir schon selbst tun!
Gerade im Rahmen meiner Seminararbeit habe ich mich immer wieder gefragt, was mich persönlich glücklich macht. Das sind ganz unterschiedliche Dinge: Ich liebe Sonnenuntergänge am Meer, das Meeresrauschen, Wärme und die Sonne auf meiner Haut. Ich liebe es meine kleine Nichte und meinen Neffen zu sehen und ihr unbeschwertes Lachen zu hören. Zeit mit meinen Freunden und Reisen machen mich sehr glücklich – vor allem auch die Kombination von beidem.
Umarmungen, Geborgenheit, aber auch Freiheit und Sport machen mich unendlich glücklich. Auch viele Dinge, die wir oftmals für zu selbstverständlich sehen, spielen für mich eine große Rolle als „Glücksbringer“. Oft realisieren wir unser Glück erst, wenn wir es nicht mehr haben: Gesundheit oder auch Sicherheit. Materielle Dinge sind mir dabei sehr unwichtig. Sind wir doch mal ehrlich, macht uns die vierte Handtasche wirklich glücklicher als die drei davor? Auch nach 3 Wochen?
Das Problem mit unserem Wohlstand
Richard A. Easterlin hat bereits 1978 gezeigt, dass uns mehr Einkommen ab einer bestimmten, individuellen Schwelle nicht glücklicher macht und sogar im Gegenteil resultieren kann. Dann realisieren wir, dass uns Geld nicht glücklich macht und diese Erkenntnis macht uns meist unglücklicher als zuvor. Wir merken, dass wir uns mit Geld nicht alles kaufen können. Easterlin zeigte mehrfach in den letzten 40 Jahren, dass unsere Definition von Wohlstand auf nationaler Ebene nicht die Lebenszufriedenheit miteinschließt.
So zeigt Easterlin, dass das Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsmaß sich in den letzten 25 Jahren in China verfünffacht hat. Die empfundene Lebenszufriedenheit hat sich dagegen nicht gesteigert, ist sogar in den ersten 15 Jahren gefallen und hat sich mittlerweile wieder auf dem Level von vor 25 Jahren eingependelt. Das zeigt, dass das Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsmaß nur die wirtschaftliche Seite berücksichtigt. Die individuelle, menschliche Komponente wird vernachlässigt.
Wie man es dreht und wendet, alle Studien haben eines gemeinsam: Intimität mit anderen Menschen, Sport, soziale Kontakte, ein uns fordernder und fördernder Arbeitsplatz und Kultur sind unsere wichtigsten Glücksbringer. Wenn Ihr also nicht wisst, was Ihr Euren Liebsten zum Fest der Liebe schenken sollt: Nehmt Euch Zeit für sie, das ist das größte wahre Geschenk.
In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten Euch allen!
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Hier sind die wissenschaftlichen Studien hinter diesem Blogbeitrag
Bolino, M. C./Grant, A. M. 2016: The Bright Side of Being Prosocial at Work, and the Dark Side, Too: A Review and Agenda for Research on Other-Oriented Motives, Behavior, and Impact on Organizations, in: The Academy of Management Annals, 2016.
https://faculty.wharton.upenn.edu/wp-content/uploads/2016/04/BolinoGrant_Annals2016_2.pdf
Easterlin, R. A. 1995: Will raising the incomes of all increase the happiness of all?, in: Journal of Economic Behavior and Organization, Vol. 27, 1995, pp. 35-47.
http://ipidumn.pbworks.com/f/EasterlinIncomesandHappiness.pdf
Easterlin, R. A./Morgan, R./Switek, M./Wang, F. 2012: China’s life satisfaction, 1990-2010, in: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Vol. 109, 2012, No. 25, pp. 9775-9780.
Fowler, J. H./Christakis, N. A. 2008: Dynamic spread of happiness in a large social network: longitudinal analysis over 20 years in the Framingham Heart Study, in: BMJ, 2008.
http://www.bmj.com/content/337/bmj.a2338
Minkov, M./Bond, M. H. 2017: A Genetic Component to National Differences in Happiness, in: Journal of Happiness Studies, Vol. 18, 2017, No. 2, pp. 321-340.
Reader’s Digest
https://www.rd.com/advice/relationships/happiness-advice-poll/
World Happiness Report 2017
http://worldhappiness.report/wp-content/uploads/sites/2/2017/03/HR17.pdf
Etwas Inspiration
http://www.actionforhappiness.org/10-keys-to-happier-living
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